Oli in Finnland (Suomessa)

28.9.06

German Gemütlichkeit

Diese Woche lief etwas gemütlicher ab, nicht zuletzt wegen zu erledigender Hausaufgaben, Vorlernen und so. Denn nächste Woche bleibt mir dafür ja keine Zeit. Mein Reiseoktober verbreitet fast ein wenig Unwohlsein in meinem Innersten (was aber ganz gut so ist, ich hatte schon befürchtet, spontan zu werden). Betrachtet man es also von der Seite, so ist es vielleicht auch nicht ganz so gemütlich, sondern fast Stress, aber auch nur fast. Trotzdem werde ich einen Kurs canceln: Es geht um wissenschaftliches Schreiben und ich bin weder Wissenschaftler noch hätte ich ein Thema, über das ich schreiben könnte. Der Kurs ist eher an Diplomanden und Doktoranden gerichtet und da fehlt mir irgendwie der Bezug dazu, so dass ich meine Energie lieber in andere Dinge setzen möchte. Ich habe noch ein wenig schlechtes Gewissen Daniel gegenüber, der den Sch**ß (finnisch: Paska) dann alleine weiter machen würde, aber ich schätze ihn tough genug dafür ein.
Bei all den Schreibarbeiten, die man hier in Finnland so hat (habe ich schon erwähnt, dass das Studium etwas mehr Arbeit ist als in Deutschland?), ist jetzt auch noch eine dazu gekommen: Die Fachschaft von Jens hätte gerne einen Erfahrungsbericht von uns "internationalen" Deutschen über dieses Orientierungsspiel, über welches ich im letzten Beitrag berichtet habe. Na mal sehen, was das wird...
Und das vernünftige Arbeiten ist hier gar nicht so einfach: Ich habe in ganz Finnland keinen Collegeblock mit Rand gesehen (das machen die hier wirklich noch selbst), wenn man einen mit heraustrennbaren Blättern will, muss man lange suchen, und die kleinste Kästchengröße beträgt 7x7mm (zum Vergleich: in Deutschland ist 5x5 mm üblich), was ich höchstens noch aus der Grundschule gewöhnt bin. Trotzdem bezahlt man für 60 Blatt fast doppelt so viel wie daheim für 80, ganz zu schweigen von den Preisen für Blöcke mit bunten Motiven. Doch da hört der Spaß nicht auf: Findet mal nen vernünftigen Schnellhefter. Schon auf meine Frage nach nem Hefter überhaupt wurde ich komisch angesehen (das ist hier wohl unüblich, statt dessen schmeißt man alles nur in Mappen) und daher gab es auch nur die Plastikhefter á la Grundschule im Angebot. Doch ehe ich mich dumm und dämlich hefte damit, habe ich mich jetzt doch für einen Ordner entschieden. Ich nehme an, das alles ist die Strafe dafür, dass ich das Nachfragen meiner Eltern zum Thema Import von Studiermaterialien eher belächelt habe. ("Finnland hat auch Schreibwarenläden...")

So, nun aber zu den Ereignissen der Woche: Der Montag begann mit dem Geburtstag von Volker (an dieser Stelle sollen natürlich Peter und Saskia aus der Heimat nicht vergessen werden, die an diesem Tag ebenfalls Geburtstag hatten) und wurde bei ihm in der Wohnung mit Bier, Cider, Kuchen und "Assitoni" gefeiert.
Am Dienstag machten Julia, Martin, Jens und meine Wenigkeit uns auf zum 2. deutschen Stammtischtreff. Letztes mal sollen da 20 Finnen (also Finninen) und 2 Deutsche gewesen sein. Naja, diesmal waren es wir 4 Deutsche und eine Finnin. Nachdem wir endlich beim Aussichtsturm des Pyynikki oben angekommen sind, ich auf Toilette war, 2 Donuts und einen Kakao genießen durfte und anschließend noch 2 Finninen und ein Finne hinzugestoßen sind, fing es an, lustig zu werden. Wir gingen herunter zum Rosendahlstrand, der wohl einer meiner Lieblingsplätze hier in Tampere wird:


Dort haben wir Deutschen das erste mal das typisch finnische Spiel "Mölkky" gespielt und obwohl ich nicht so erfolgreich war, hat das riesen Spaß gemacht:


Finnen können also neben Partys und so auch mal nen gemütlichen Tag einlegen. "Scheen, fost ä bissel wie zu hause."

Das Heimatsgefühl hat sich am Mittwoch dann noch verstärkt, als sie im Kino einen deutschen Film gezeigt haben (ein Projekt der deutschen Bootschaft und des Goetheinstituts). Er hieß "halbe Treppe" und war nicht nur seltsam (etwas langweilig, dann aber wieder sehr lustig), sondern auch nicht gerade eine Werbung für Deutschland: Bei hässlichem Wetter in einer hässlichen Stadt (Frankfurt/Oder) machen hässliche Leute mit einem noch hässlicheren Dialekt (zum Glück gab es ja englischen Untertitel) hässliche Dinge (Fremdgehen und so). Das ganze muss irgendwann zwischen Britney Spears und Euroeinführung gewesen sein. Da von meiner spanischen Buddy-Gruppe niemand erschienen ist, saß ich neben der "Chefin" des deutschen Stammtisches, welche ich am Vortag kennengelernt hatte. Meine Frage, ob sie jetzt schlecht über Deutschland denkt, verneinte sie noch, die analoge Frage auf Ostdeutschland bezogen hingegen nicht mehr...
Danach war ich noch im Lidl (ein Stückchen Deutschland) und habe in der Stadt so schnell wie noch nie mir ein Paar neue Schuhe gekauft, weil die anderen beiden fast auseinander fliegen.

Am Donnerstag habe ich dann endlich mein schönes Paket aus Deutschland erhalten (ganz vielen lieben Dank an meine Ellis, ich habe gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Und bei der Gelegenheit auch noch mal danke an meine Großeltern für die Urlaubskarte). Nur bevor ich es auspacken konnte, hieß es erst ein mal das Teil von der Post nach Hause zu schleppen, wobei ich mich doch etwas überschätzte, denn die Beschreibung "20 Kilo und größer als ein Kasten Bier" traf es doch ziemlich gut. Daher kam ich nur bis zur nächsten Ecke und stand nun da, im Regen, überlegend wen ich anrufen sollte, um um Hilfe zu bitten. Und "just in diesem Moment" (Jens hat damit angefangen altdeutsche Redewendungen zu recyclen) hielt ein Auto neben mir und eine Frauenstimme fragte etwas auf finnisch. Nach dem ich klar stellte, dass ich Ausländer bin, wurde ich erst auf englisch, später auf deutsch, freundlich eingeladen, gefahren zu werden und ich kam aus dem Danken gar nicht mehr heraus. Gut, in einem Hollywoodfilm hätte jetzt meine Traumfrau da gesessen, aber wir wollen es ja nicht übertreiben. Überlegt mal, wie lange ich da in Deutschland hätte warten müssen... Im Appartment gab es dann viel zu schmunzeln: über Bier in den Schuhen, Ostschokolade, Rum, Handtücher, Schlafanzüge, alles was ich halt so vermisst habe:


Jetzt muss ich nach dem Saunieren wenigstens nicht mehr tagelang mit dreckigen Handtüchern duschen. Die Waschmaschinen sind nämlich nahezu eine Woche im Voraus ausgebucht.

Doch der Tag sollte noch besser werden: Mit ein paar deutschen Jungs und Mädels war ich zum Pizzabacken und DVD-schauen verabredet. Nach dem wir uns beim Einkaufen/Ausleihen fast geprügelt hatten, gingen wir zu Julia und Eunike nach hause, um 90 Minuten am Super-Spezial-Jens-Familienrezept-Teig zu basteln.


Während des Wartens auf den Teig und später auf das Gesamtkunstwerk haben wir uns auf meinem Laptop "the Italian Job" (was anders als der Name es vermuten lässt nichts mit Sexualpraktiken zu tun hatte) reingezogen und danach eine echt leckere Pizza genossen. Ich denke, der Abend hat allen viel Spaß gemacht (die Mädels waren sogar überrascht, wieviel haushaltstechnisches Engagement wir Jungs mitbrachten) und wir werden das irgendwann ein mal wiederholen.


Jens ist anschließend noch zur "Bikiniparty" in die Sauna gegangen, ich wollte aber doch heim, weil wir früh um 8 zum Badmintonspielen verabredet waren. Nur dummer Weise war ich dann derjenige, dessen Wecker früh nicht geklingelt hat und Jens derjenige, bei dem ich mich entschuldigen musste.

Morgen, na genauer sogar heute, und am Sonntag werden wir das Jubiläum der Stadt mit Museums- oder Aquariumsbesuchen und einer kleinen Bootsfahrt feiern und uns weiter um Lernerei etc. kümmern. Nicht immer fällt das so angenehm aus wie beim Finnischlernen:


So, jetzt freue ich mich aber auf meine Heia, ich verlass den Computer aber nicht, bevor ich noch zwei wichtige Dinge erledigt habe:
Erstens will ich noch auf die Blogliste von Marie hinweisen. Sie ist um einiges vollständiger als die meinige und bietet somit jede Menge Lesespaß für dunkle Herbsttage (die zumindest hier definitiv näher kommen).
Und zweitens hatte ich noch einen kleinen Beweis nachzureichen:


In diesem Sinne: Immer schön auf dem Boden bleiben, Leute!
euer Dicker

24.9.06

Echte Männer?

Dass wir von der Party bei Elina am Freitag (super schöne Wohnung, gutes Essen, gute Stimmung)



die paar Kilometer zurück nach Hause gelaufen sind, war nur die Vorbereitung auf das, was mir und ein paar anderen unserer "Führer" Jens "eingebrockt" hat: ein Orietierungsgame (Art Schnitzeljagd) durch die Wälder Finnlands.

Was am Telefon (ich war gerade beim Klamotteneinkauf als Jens mich am Handy um meine Teilnahme bat und meine Zusage war beeinflusst dadurch dass ich kurz zuvor ziemlich schnell eine Hose in meiner Größe gefunden hatte) noch wie ein Kinderspiel klang, entpuppte sich als Spiel für richtige Männer, also nichts für mich. Trotzdem kann ich schon vorausnehmen, dass es viel Spaß gemacht hat:

Wir trafen uns am Startpunkt Uni um 9 Uhr in der Frühe und überaschender Weise war ich als alter Bund-Drückeberger dabei der einzige der etwas mit dem Spruch "5 Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit" anzufangen wusste, so dass sie erste Challenge gleich mal zum-Bus-Rennen hieß, um den Anschluss an die anderen nicht zu verpassen. Nach langer Busfahrt kamen wir dann im Wald von Sorila an und die ersten Kilometer des Tages jagte mich Jens förmlich den Rest der überwiegend finnischen Studenten hinterher, weil wir damals noch dachten, dass es auf Zeit ging. Der Rest des Teams (die zwei Simons und der Volker) nahmen die Sache relativ locker, aber ich war am ersten Aufgabenpunkt schon übelst angepisst. Das änderte sich zum Glück, als ich erfahren habe, dass unsere ersten Aufgaben in Dingen wie Sudoku, Gedichteschreiben oder kreativ-durch-Netze-klettern bestehen sollten.
Auch die restlichen Stationen waren sehr lustig:
  • Eimerangeln
  • Knobel- und Merkaufgaben
  • Feuermachen
  • Golfen (wobei ich da eher in komischer Performance denn in Genauigkeit punktete)
  • perverse Dinge essen (ich durfte ein rohes Ei und eine rohe Zwiebel hinterschlingen, was ich immer noch besser fand als die Leberpastete meiner "Kameraden")




Dabei nahmen wir die Sache - typisch deutsch - natürlich sehr ernst, was im Bezug auf das wirkliche Bewertungskriterium "style is everything" vielleicht unpassend war.
Weniger angenehm empfande ich den straffen Marsch durch die Wald-, Fluss- und Sumpfgebiete um von Station zu Station zu kommen, der einem neben guter Orientierung (ich hatte zum Glück Miris Kompass mit) auch gute Kondition abverlangte (diese hatte ich dummer Weise zu Hause vergessen). Nicht nur dass man bei strahlendem Sonnenschein und der Hetzerei "übelst" ins Schwitzen kam, nein, man wurde auch noch ständig von Elchfliegen belästigt, welche nicht nur schwer zu töten sind, sondern auch gerne ihre Eier in den Haaren fremder Leute ablegen. Trotz meiner Bemühungen, die Gruppe nicht all zu schwer zu bremsen, schafften wir nur 7 der insgesamt 10 Stationen, durften dann aber trotzdem schon im Ziel einkehren (um Suchaktionen in der Dunkelheit zu vermeiden), wo wir den restlichen Abend Nudelsalat, Würstchen, Schokoladenkuchen, finnische Lieder, Gespräche mit Einheimischen, Sauna und den kalten See genossen. Auch mein Gedicht kam gut an. Zwar sprachen die wenigstens deutsch, aber meine Vortragsgabe konnte das ausgleichen.



Gegen zehn Uhr ging es dann mit dem Wohnmobil über Stock und Stein zurück zur Bushaltestelle, an der wir dann nach einer Stunde Warten (und Lehreinheiten über böse finnische Wörter) feststellten, dass wohl kein Bus mehr kommen würde. Also wurden fleißig Taxis und Freunde angerufen und es kam extra jemand ins Nirgendwo gefahren um uns Deutsche abzuholen.

Den (heutigen oder besser gestrigen) Sonntag habe ich damit verbracht mit Jens eine weitere Kochsession hinzulegen, meinen zweitem Tandempartner mit den Eigenheiten der deutschen Sprache zu helfen, zu telefonieren und zu chatten. Da ist die Zeit doch schneller fortgeschritten als gedacht und ich musste mich dann zwischen Blog und Hausaufgaben entscheiden. Da letztere etwas geduldiger sind als einige Leser ;-) entschied ich mich mal für das erstere.

Ich nutze vielleicht die Gelegenheit gleich ein mal, euch dazu ermutigen, auch eurer Leben mit mir zu teilen (auf gut deutsch "sharen") und mir beispielsweise Urlaubsfotos zu schicken, wie das Lenny, Frau Naase und Rico getan haben:



Vielen Dank nochmal dafür :o)

Die Finnen sind ja im Kern etwas männlicher als beispielsweise die Schweden (zumindest reden sie sich das selbst wirklich gerne ein) und trinken daher so etwas wie Lordicola:



Wenn man als Deutscher hingegen mal etwas weniger männlich in Laune für romantische Lieder ist, empfiehlt sich diese Liederliste. Außerdem habe ich heute irgendwo wieder "the letter" von Dynamo5 rausgekramt. Irgendwas muss man ja machen ohne Fernseher...

Hyvää Yötä, schlaft gut,
Oli,
der diesen Blogeintrag mit finnischem Schlager á la J. Karjalainen abschließt. (Das Lied "Hän" aus dem Finnischunterricht wurde sogar bei der großen Party im Emma gespielt)

20.9.06

Materialwissenschaften

Hallo,

seit meinem letzten Beitrag ist einige Zeit ins Land gestrichen und ich bekam schon Droh-E-mails, dass ich doch endlich meinen Blog fortsetzen solle. Ich hoffe, mir wird vergeben, aber es gibt hier so viel zu tun, im guten wie im schlechten Sinne (so ein Auslandsstudium hat anscheinend doch nicht nur mit Ausland zu tun). Na und dann tritt nach so langer Pause (ob der Unmengen an zu verarbeitenden Materials) immer dieses Hausaufgabensyndrom ein ("das Bild da drüben hängt doch schief, so kann ich nicht arbeiten..."), aber trotzdem hier nun mein Materialnachschub:

Lesematerial
First of all will ich mal dezent auf die Linkliste am rechten Rand dieses Blogs hinweisen, welche unter anderem auch auf viele weitere lesenswerte Berichte von "Tamperekindern" verweist. Auch wenn man nicht immer alle Beiträge lesen kann, wäre das zum Beispiel eine Alternative, falls ich mich mal wieder länger nicht melden würde...

Diskussionsmaterial
Wer will kann hier im Blog auch Kommentare hinterlassen, was einige auch schon fleißig getan haben, vielen Dank dafür. Der Rest von euch kann das natürlich gerne noch nachholen oder aber über Briefe, EMail, Telefon, Skype, ICQ etc. mit mir in Kontakt treten. Nicht dass ich euch sonst noch vergesse...
Wer ganz mutig ist und das nötige Kleingeld für An- und Abreise besitzt, ist aber auch immer herzlich in der "casa de Schwarz" hier im schönen Finnland willkommen. Ich habe auch schon die ersten Postkarten gekauft (was so sauteuer war, dass ich ne Rechnung mitschicken sollte :P ), aber ihr könnt euch sicherlich denken, dass die frühestens erst als Weihnachtskarten ankommen... (und natürlich kann nicht jeder eine bekommen, vielleicht handle ich euch ja in Gruppen ab...)

Filmmaterial
Wir haben vorletzte Woche nun endlich auch mal dem Kino einen Besuch abgestattet ("das Omen"). Der Film ist auf englisch mit finnischem und schwedischem Untertitel. Probleme gibt es aber nur, wenn Teile auf italienisch gezeigt werden und die Untertitel trotzdem finnisch/schwedisch bleiben ... :-)
Am Dienstag haben sie uns in der Uni dann unseren ersten finnischen Film ("die schöne und der Bastard") vorgestellt. Weil das so großen Anklang gefunden hat, wird das jetzt wohl öfters wiederholt und da freue ich mich schon drauf. (Lernphrase: "Minä harrastan elokuvia" - "Meine Hobbies sind Filme")

Partymaterial
Mittlerweile hat es schon nachgelassen, die Energie ist raus, der Alltag ist eingekehrt. Gefeiert wird daher nicht mehr jeden, sondern nur noch jeden dritten Tag. Trotzdem soll einiges Erwähnung finden: Vor nunmehr schon langer Zeit war zum Beispiel diese legendäre "Welcoming-Sauna-Party". Nachdem das Welcoming-Dinner (sprich: riiiiiiieeeeeeesssssseeeeen Luxusabendessen) doch eher ein "tervetuloa-iltapala" (sprich: kleines Willkommensabendhäppchen) war, überaschte die Party in der Studentensauna um so mehr. Die Musik war endlich wieder mal annehmbar (auch wenn Finnland das Rockland schlecht hin ist, hat sich in den Clubs der Stadt auch dieses "HipHop" durchgesetzt, welches uns schon den ein oder anderen Abend versaut hat), die Preise auch und alle waren sie da (bis auf Daniel, der aber ne gute Ausrede hatte) und man konnte ne Menge kaufen (zum Beispiel habe ich ein schönes Gesangsbuch erstanden mit der Teekkari-Studentenhymne, schweinsichen Saunaliedern, finnischem Nationalgut und einer eigenen Hymne für das Haus, in dem ich lebe). natürlich gab es auch Sauna, erst nur für die Mädels und danach war der "gay-club" eröffnet. Sogar ich habe mich mal reingewagt und muss sagen: Auch wenn es überrascht (mich ja selbst fast), aber so zwischen nem Haufen nackter schwitzender Männer zu sitzen ist nicht wirklich meins... Das wurde dann zur gemischten Sauna auch nicht viel anders. Beweismaterial gibt es zwar, das halte ich aber besser unter Verschluss... Die Exhibitionisten unter den Studenten konnten sich dann im Planschbecken vor aller Welt abkühlen während Feuertänzer eine hübsche Show vorführten:


Auch wenn der Abend echt gelungen war, fing da ausgerechnet da meine Partyunlust an, so dass ich mich früh heimlich davon gestohlen habe.

Manchmal aber, da kann es passieren, man kommt gar nicht erst zur Party, weil vorher an der Uni eine Weinverkostung ist, bei der man für nur einen Euro so viel selbsgemachten Wein kosten kann, wie man will (auch wenn einige schon sehr pervers sind, wie beispielsweise der "Wein" der Fachschaft für Elektrotechnik, der den deutschen Titel "Hochspannung" trug und nicht nur aussah wie Gekotztes (englische Phrase: "to say 'George'"), sondern mit Chili und der gleichen auch dazu anregte), was wir dann auch wahr genommen haben. Ich muss sagen, dass ich am nachmittag noch nie so betrunken war. Trotzdem war das alles nichts gegen Jens, der so ungefähr so aussah


und den ich dann erst mal bei mir ausruhen lassen musste nachdem er sich von der Band ein Autogramm auf den Bauch hat schreiben lassen:


Nichts desto trotz ging es am gleichen Abend noch ins Huuma. Besser noch: Wir nahmen spaßes halber noch an den "Cottage Games" teil, welche so Herausforderungen enthielt wie fünf mal um nen Baseballschläger rennen und dann den Weg zurück finden, was auch ohne Alkohol schon schwer genug ist.

Es kann aber auch ohne Alkohol mal ganz lustig sein, dann natürlich mit Essen als Ersatz: So kam es im Wohnheim beispielsweise zu einer spontanen Crepes-Feier, was doch sehr lecker war ... *mmh*

Wir haben dann noch so manche Clubs ausprobiert, aber so richtig glücklich geworden bin ich nirgendwo, selbst bei gutem "valkovenäläinen" (white russian) nicht. Aber trotzdem hat mir die "Suomi-Pop"-Ecke im Onella sehr zugesagt: Bei finnischem Schlager gehen die Finnen, besser gesagt die Finninen, voll ab und tanzen auf den Tischen und so. Und man möchte sofort mitsingen, wenn da nicht das kleine Sprachproblem wäre. Aber dafür behandelt unsere Finnischlehrerin immer schöne finnische Lieder mit uns. Und damit wären wir auch schon beim nächstem Thema:

Lernmaterial
Der Finnischkurs macht großen Spaß. Unsere Lehrerin sieht aus wie Pippi Langstrumpf und redet noch viel schneller. Wenn wir nicht aller 5 Minuten durch den Kurs rennen müssten um die anderen Teilnehmer nach Nationalität (Lernphrase: "Minkämaalainen sinä olet?" - "Von welcher Nationalität bist du?"), Hobbies etc. zu fragen, könnte das sogar richtig entspannend sein, denn bis jetzt habe ich ob meiner Vorkenntnisse noch nicht all zu viel dazu gelernt. Daher habe ich mir zwei Tandempartner angeschafft, wo ich Dinge wie "Guten Appetit" ("hyvää roukahalua"), "Scheiße!" ("Paska!") und so erfragen kann. Die eine spricht bereits sehr gut deutsch, mit ihr ist es eher ein Plausch beim Mittagessen. Den anderen treffe ich am Samstag zum ersten mal, er ist noch blutiger Anfänger.
Gelegenheit, meine Spanischkenntnisse zu verbessern, habe ich im "Buddy Project", ein Projekt der zweiten Uni hier, die finnische und Austauschstudenten zum Zweck gemeinsamer Unternehmungen zusammenführt. Jens ist beispielsweise in einer Kochgruppe und ich, ja ich habe dummerweise (damit) angegeben, spanisch zu sprechen, und bin nun in einer Gruppe gelandet, wo alle (2 Finninen, eine Katalanin und eine Deutsche) spanisch sprechen wollen, obwohl ich da ja meine Redeleidenschaft eher wenig ausleben kann. Naja, am Donnerstag treffen wir uns in einem Café, mal sehen, was das wird...
Ansonsten ist das Lernen hier anstrengender als in Deutschland, man muss mehr tun als sich nur mal kurz am Semesterende auf seinen Arsch zu setzen und zu lernen. So habe ich mit zwei Polen schon an der ersten Hausaufgabe gearbeitet, welche wir heute (gerade ist es noch Mittwoch, zu finnisch keskiviikko) mit einer Powerpointpräsentation abschließen mussten. Sogar die erste Note habe ich schon eingefahren (was krass ist, wenn man überlegt, dass das Studium in Deutschland noch nicht mal begonnen hat) und gleich eine glatte 5. Das ist aber - zur Beruhigung, liebe Oma - die Bestnote in Finnland. Das ganze gab es auf eine Intensivvorlesung über zwei Wochen zum Thema Quantenstrukturen, welches bisher das einzige Fach ist, welches wirklich nach meinem Geschmack war (also abstrakte Mathe und so - auch wenn ich eure Gesichter praktisch sehen kann) und nicht so ein "Muschifach" wie der Rest (der eher in die BWL-Richtung geht). Intensivkurse sind sowieso manchmal etwas merkwürdig. Daniels beispielsweise wird von einem deutschen Gastprofessor gehalten. Tscha, wie klein die Welt doch ist. Noch ein Beispiel für die Winzigkeit der Erde? Nun, zwei Chemnitzer Studentinnen haben hier einen Chemnitzer Bürgermeister getroffen, der zum Anlass des Jubiläums der Städtepartnerschaft Tampere-Chemnitz der Stadt Tampere mal einen Besuch abgeschlossen hat, und wurden gleich zum Kaffee eingeladen... "verrückt"!
Sehr interessant ist aber auch die Vorlesung "Finnish Culture and Society" (Finnische Kultur und Gesellschaft), welche ich nur zum Spaß besuche.

Material des studentischen Lebens
Was ich hier doch irgendwie ein mal heraussetllen möchte: Die Finnen zelebrieren das Studentendasein viel mehr als die Deutschen. Nicht nur, dass jeder Student einen Overall seiner Fachschaft und so nen lustigen Matrosenhut besitzt, nicht nur, dass fast jeder in irgend einem Club ist, nicht nur, dass hier einfach viel mehr veranstaltet wird als in Chemnitz, neiiiiiin, es gibt Studentenhymnen, Studentinnenkalender (welchen ich gekauft habe, um euch mal richtig neidisch zu machen, nach dem ich einen Blick hinein geworfen habe, verwende ich ihn eher um zu sagen "deswegen bin ich zurückgekehrt") und alle Erstis sammeln fleißig Punkte (über den besuch bei Parties, dem Helfen bei Events etc.) um zu Wappu (der Maifeiertag, auch hier der Tag der Arbeit, aber viel mehr der Tag des Trinkens) ins Wasser abgelasen zu werden und somit zum vollwertigen Studenten zu werden. Auch gibt es Kirchenbootrennen, Wanderungen und Erstsemestlermessen, wo Jens und ich beispielweise mal dieses "Bungeejumping" aus 60 m Höhe ausprobiert haben. (Beweismaterial existiert und wird nachgereicht) Viel angsteinflößender als der Sprung ist das Hochfahren (nicht im, sondern außerhalb des Korbes), wenn die Tante beim Wiegen skeptisch schaut ("naja, eigentlich isses ja viel zu viel, aber probieren kann man es ja trotzdem") und wenn man selber dafür zu sorgen hat, mit dem kopf zu erst zu springen. Das Springen selber empfand ich eher als langweilig. Der Körper merkt zwar, dass er keinen Boden mehr unter den Füßen hat (was ein merkwürdiges Gefühl ist), aber das Krippeln einer Achterbahnfahrt habe ich vermisst. Dafür habe ich vom Rucken des Seiles am Fuß noch zwei Tage lang leichte Schmerzen beim Gehen verspürt.

Reisematerial
Auch wenn andere schon etwas weiter sind (und beispielsweise schon Helsinki, Tallin oder Riga hinter sich haben), ich war immerhin schon in Turku, an der Westküste des Landes. Jens und Martin haben mich begleitet


Das obige Bild wurde in der Nähe des Hafens aufgenommen, aber obwohl Turku an der Ostsee liegt, hat man nicht viel von dieser gesehen (die Bootsfahrt haben wir leider nicht gemacht) und auch so gibt es in Turku (schwedischer Name übrigens Åbo) nicht all zu viel zu sehen (bis auf eine Kathedrale und eine mittelalterliche Burg). Aber im Gegenstz zum Pennerviertel Hervanta (welches ich mein zu Hause nennen darf), ist da die Welt wenigstens noch in Ordnung:


Und wir sind dahin wenigstens auch mal mit dem Zug gefahren, was auch ganz schön war.
Der Oktober wird ein Reisemonat. In Stockhom habe ich mich mit Steffi Müller (einige erinnern sich vielleicht noch an sie) verabredet. Freue mich schon, sie wieder zu sehen. Da die Fahrt mit der Fähre von Turku nach Stockholm 10 Stunden dauert, überlege ich, ein paar Tage eher los zu machen und einen mehrtägigen Zwischenstopp auf dem schönen Åland (schwedischsprachige, autonome Inselgruppe in Finnland) einzulegen. Allgemein scheint mir das Schwedische noch etwas schöner zu sein als das Finnische. Am Tag nach dem Schwedentrip schreibe ich noch schnell ne Prüfung und dann geht es ab nach Lappland :-)
Und gegen Ende Oktober steht eine organisierte Wochentour nach St. Petersburg und Moskau auf dem Plan. (Solltet ihr im November nichts mehr von mir hören, könnt ihr euch ja vorstellen, wo ich "aufgehalten" wurde). Vorher kommt mich Steffi eventuell auch mal hier besuchen.

Das Material Holz
Am vergangenen Wochenende waren wir, der lieben Elina zu Dank, in unserer ersten finnischen Sommer-/Holzhütte ("kesämökki"). Es war einfach nur geil, bezaubernd, entspannend, abwechslungsreich, und ... ach, kann man nicht beschreiben, muss man erlebt haben.
Am Freitag abend angekommen haben wir die Sauna mit Wasser und die Hütte mit Feuerholz versorgt, bevor wir dann lecker Nudeln gekocht haben (man sollte vielleicht erwähnen, dass es weder fließend Wasser noch Strom gab) und mit unseren Bier- und Ciderdosen dann in die Sauna gegangen sind (das ist durchaus üblich unter Finnen). Nach der Sauna dann in den größten See Tamperes (den Näsijärvi) ... Beweismaterial:


Anschließend war es dann auch schon Mitternacht und wir haben Jeremys Geburtstag gefeiert:


Er hat von uns einen Schlüsselanhänger der TU Tampere bekommen (weil er seinen Schlüssel schon mal gerne verliert), eine Schreibtischlampe, einen leckeren Kuchen, ein Poster und ein Vokabelheftchen, in das wir ihm die "wichtigsten" jugendfreien und nicht jugendfreien Wörter der deutschen Sprache reingeschrieben haben (was sehr viel Spaß macht).
Am nächsten Tag ging es wandern, was wiederum am See endete und sooooooo entspannend war. Nach all den Wochen Stress endlich mal "Urlaub":


Abends wurde dann noch im Grillhaus gegrillt und sich einen gemütlichen Abend gemacht. Am Sonntag hieß es Putzen, Aufwaschen (ich hatte durch meine große Klappe besonders schwere Kinderarbeit zu verrichten) und Elinas Wagen Starthilfe geben, da die Batterie versagt hat.

Das Kesämökki sieht von innen (zusammengestückelt) übrigens so aus:


Und die Sauna von außen so:


An dieser Stelle noch mal ganz ganz lieben Dank für die Einladung, Elina!

(Für eine detailliertere Schilderung des Cottage-Weekends siehe Daniels Blog)

Wohnmaterial
Irgendwie haben derzeit alle Studenten hier eine Erkältung, selbst ich. Daher ist es umso wichtiger, es sich "zu Hause" richtig gemütlich zu machen. Ich war heute beispielsweise zum zweiten mal in der Sauna (auch wenn ich weiß, dass das nicht gut ist, wenn man bereits eine Erkältung hat) des Mikontalos und das gute daran ist, dass man zu dieser frühen Jahreszeit noch ganz alleine da unten sein kann. Aber auch hier oben im Zimmer muss es ja schön sein. Daher habe ich endlich mal meine Finnlandflagge aufgehangen


Wie ihr im rechten Teil des Bildes seht, hat mich auch die Carmen hierher begleitet. Und einige Fotos von Freunden und Familie, nur leider sind Fotoabzüge ja out geworden.
Dann habe ich seit langem wieder mal durchgefegt und mir heute gleich einen Teppich gekauft. Dazu noch einen Kleiderständer (mein Ami wusste gar nicht was das ist. Na gut, er weiß ja auch nicht, dass Tiefkühlpizza ins Gefrierfach gehört und dass man nen tetrapack auch falten kann, wenn er nicht mehr in den Mülleimer passen will. Abgesehen von dieser haushaltstechnischen Schwäche habe ich aber zwei gute Mitbewohner) und eine Personenwaage. So bald ich also ne passende 9V-Batterie dazu habe, wird wohl langsam wieder der Ernst des Lebens fortsetzen müssen, ich habe die Ernährungslehre in den letzten Wochen nicht wirklich groß berücksichtigt :-(

Finanzmaterial
Leider kosten all diese Anschaffungen auch und in Finnland besonders viel. Ich will nicht sagen wieviel mich der erste Monat hier gekostet hat, aber es ist selbst mir zu viel und das passiert selten. Natürlich liegt das größtenteils am übermäßigen Feiern zu Semesterbeginn und all den Anschaffungen die man hier benötigt. Aber auch der Reiseoktober wird nicht billig. Daher muss ich also schon in doppelter Hinsicht wohl etwas kürzer treten. Aber bevor ihr jetzt die Kreditkarte zückt, wartet noch, bisher bin ich auf Spenden noch nicht angewiesen und da große Ausgaben in meiner Planung ja auch mit eingeschlossen sind, läuft alles gewissermaßen nach Plan.

Bildmaterial
Jetzt ist es ein Uhr nacht. Ich sitze nunmehr seit drei Stunden an diesem Beitrag und werde langsam müde. Der Grund, dass ich dies hier erst später poste liegt jedoch vielmehr darin, dass Google (welches quasi diesen Blog hier zur Verfügung stellt) gerade ein paar Performanceschwierigkeiten hat und ich die Bilder schlecht hochladen kann.
Riskiert aber auch mal einen Blick in die Fotosammlungen der anderen (ebenfalls rechts verlinkt - "weitere Bilder").
Bis zum nächsten mal will ich euch nur wissen lassen, dass ...

... ich weiterhin so stark bin:


... und überall gegenwärtig:


... und die Dienstleistungen an der Uni wirklich umfassend sind:


Zusammengefasst. Ich bin endlich angekommen. Tervetuloa Suomeen:


Lustige Grüße hinaus in die Welt sendet
euer Oli

3.9.06

Geburtstag und andere Spontanitäten

Terve,
es wird relativ lang dieses mal, schließlich heißt es eine ereignisreiche Woche aufzuholen. Ich fange am besten mal da an, wo ich mit dem letzten Beitrag aufgehört habe:

Wir gingen also zu dieser Back-To-School-Party, wobei sich die Hälfte unserer "deutschen Gang" nach dem Vorglühen schon wieder verabschiedete, weil sie die 3,50 € nicht riskieren wollten, was sogar teilweise berechtigt war, denn vom versprochenen Gratisgetränk war im total überfüllten Club Huuma dann auch keine Rede mehr. Nach dem ich den Großteil des Abends mit Gesprächen verbracht habe, fing die Musik aber irgendwann mal an, kurzzeitig wieder besser zu werden, so dass Jens und ich uns auch mal auf die Tanzfläche machten, welche übrigens ein schönes Forschungsfeld für Geisteswissenschaftler wäre, denn allein mir fallen da schon 7 Einteilungen der Tänzer ein (der Stimmungsmacher, der Angeber, der Anbackerer, der Latin Lover, simple Mittänzer, die Wir-tanzen-nur-unter-uns-Mädchen, der Anschlusssuchende ...) und wir gehörten an diesem Abend eher zur letzteren Kategorie, da der Anteil an Finnen doch besonders hoch war. Nichts desto trotz kam da schon zum zweiten mal etwas zu Stande, was ich auf deutschen Parties immer vergeblich zu initieren versucht habe: eine Polonaise. Danach haben wir noch die Teekkari-Hymne (Teekkari = finnischer Student einer technischen Universität, welcher bereits kein Fuksi, also Neuling, mehr ist, sondern zu Wappu am 1. Mai schon im Wasser getauft wurde) gesungen, also zumindest so getan, und andere komische finnische Tänze gemacht, so dass sich der Abend wenigstens teilweise gelohnt hat.

Am Dienstag und Mittwoch früh hatte ich eine komische Negativlaune (aber Grönemeyer passt gut zur finnischen Landschaft), zumindestens am Mittwoch früh könnte das daran gelegen haben, dass ich sehr zeitig raus zur zweiten Uni hier gefahren bin, mich als erster in die Liste für den Finnischkurs eingeschrieben habe (bei uns war nämlich schon alles voll) und man mir anschließend gesagt hat, dass die eigenen Studenten aber eh bevorzugt werden. Danach hatte ich eine eher langweilige Vorlesung (auch wenn ich interessant fand, dass man hier Noten auf die Beteiligung an Diskussionen in Internetforen bekommt) und alleine Mittagessen.
Nun fing der Tag aber an, besser zu werden: Ich bin in einen zusätzlichen Finnischkurs unserer Uni reingekommen, habe meinen hübschen neuen Studentenausweis erhalten, nahm an einer bezaubernden Bibliotheksführung teil (die Bibliothekarin ist quasi die gute Seele des Hauses gewesen und hat uns in die Geheimnisse der finnischen Sprache eingeweiht) und schließlich ging es dann auf zur City-Tour:

Endlich mal nur im Bus sitzen, die Gegend bestaunen und zuhören, was die Stimme einen über die Stadt erzählt. Viel Begeisterndes hat Tampere nicht zu bieten, außer vielleicht unterirdische Eis- und Schwimmhallen und ein sehr schönes Wohnviertel mit Holzhäusern (so wie man sich Skandinavien halt vorstellt).



Die Tour endete im örtlichen Freizeitpark, der wohl extra für uns noch ein mal geöffnet hatte und zwei super Achterbahnen betrieb.



Außerdem haben die Tutoren kostenlos Bier ausgeteilt und ich nahm die Gelegenheit wahr, diese komische schwarze Wurst namens "Mustamakkara" zu kosten, die hier wohl eine Spezialität sein soll: Naja, ich bin jetzt noch skeptisch.

Danach fing Daniel an, mich irgendwie zu überreden, doch nicht anschließend noch auf die zahlreichen Abendveranstaltungen (Pubtour, international Hangout...) zu gehen, was ich zu der Zeit auf Sparversuche seinerseits schob, denn man bezahlt ja nachts 'nen Aufschlag im Bus und Getränke sind auch nicht wirklich günstig. Ich ließ mich allerdings davon nicht abhalten und zog trotzdem mit ein paar Leuten los. Doch nirgends gefiel es ihnen richtig, so dass sich erst die Mädels abseilten und später dann auch Jens und Martin nach hause wollten und ich also mit bin. Aus irgend einem Grund jedoch weigerte sich Martin strikt, Jens noch ins Subway (internationale Fastfoodkette) zu begleiten, so dass wir uns also auf dem Heimweg machten. Jens und ich sind dann nachts noch mal in die Uni gegangen (mit unserer Studentenkarte haben wir 24 Stunden Zugang), damit er sich auch noch für den zusätzlichen Finnischkurs einschreiben konnte. Zu Hause kam mir dann ein leckerer Duft entgegen, mich erwartete nämlich mein erstes pakistanisches Essen (Linsen mit Fladenbrot), welches Usman und seine Freunde gekocht haben. Es war sehr lecker, wenn auch sehr würzig und ohne Besteck zu essen.
Doch woher wusste Usman, dass ich in zwei Stunden Geburtstag haben sollte? Und warum hieß es in Daniels Blog, dass er jetzt noch was geheimnisvolles zu tun hat? Wieso wollte er damals eigentlich die Nummer von Jeremy haben? Wieso hatten es alle an diesem Tag immer so eilig, wo mein Geburtstag doch erst am Tag drauf war? Fragen über Fragen bis mir dann die Antwort schlagartig wie Schuppen von den Haaren fiel: Die angekündigte "Überaschungsparty" war gar nicht für den Abend des 31. August, sondern zum Reinfeiern in selbigen geplant. Kaum hatte ich dies ausgedacht, standen die ersten auch schon vor meiner Tür, schickten mich in mein Zimmer und kamen wenig später mit einem Kasten Bier, paar Würstchen und was zu Knappern hinzu. Diese Überaschung ist echt gelungen und ich habe mich sehr gefreut und danke hier noch mal allen, die mitgeholfen haben, vor allem aber Sabine, Silke und Daniel.



Gegen Mitternacht bekam ich dann Glückwünsche von allen Seiten, Kuchen und einen Sticker meiner hiesigen Fakultät (ich brauche also nur noch den Overall dazu). Nachdem auch Martin, Jens und meine Mitbewohner dazu gekommen sind, ging das Feiern richtig los, denn Silke und Jeremy haben eine internationale Akordeon-Gitarren-Jam-Session hingelegt, so dass mein Geburtstag wohl niemanden im Mikontalo entgangen sein wird.

Den Donnerstag selbst habe ich eher ruhig verbracht, also ausgelschafen, mittag gegessen, mich beim Postamt angemeldet und mir von der Studentenunion Glas, Tasse, Teller und Bettlaken ausgeliehen. Damit ich auch etwas zu meinem Geburtstag beisteuern konnte, habe ich ein paar Freunde zum Billiardspielen und auf eine Runde Bier eingeladen.



Da in dem Pub zufällig Karaoteabend war, trällerten wir bei dieser Gelegenheit gleich noch "La Bamba" und "Take Me Home, Country Roads". Jeremy sang sich dann im Solo mit einem finnischen Lied in die Herzen der eher älteren Zuschauer, welche - sonst eher verhalten - begeistert Beifall klatschten und ihm persönlich zu seiner Performance gratulierten. Dadurch angespornt, schloss ich mich ihm für ein weiteres finnisches Lied an, welches wir ohne Kenntnis von Text und Melodie, aber mit Hilfe der Barkeeperin applausfrei vortrugen. Da der Abend noch jung war, zogen wir weiter zur Saunaparty einer anderen Fakultät. Nachdem ich eine ganze Weile skeptisch rumstand und mein Bier im Vorraum trank, nahm ich all meinen Mut zusammen (und wer mich kennt, weiß wieviel das zu diesem Moment sein musste, zu mal ich noch nicht all zu viel Alkohol in mir hatte) und entschloss mich, auch in die Sauna zu gehen (das erste mal in Finnland). So ging ich in die Umkleide, entledigte mich meiner Kleider und ging, nur mit Handtuch, in die Sauna rein. Auf Grund der fortgeschrittenen Uhr war diese jedoch schon abgeschaltet und leer, so dass die ganze Aufregung etwas umsonst war. Anyway, die Saunasaison war schon mal eröffnet und ich genoss auf der obersten Bank noch eine viertel Stunde die Restwärme bis ich dann endgültig rausgeschmissen wurde. Nach der kühlenden Dusche ging ich heim und beendete den doch sehr schönen Geburtstag (es war ja auch schon ein paar Stunden Freitag). Dankeschön auch noch mal an all die lieben Grüße, die mir aus Deutschland zugekommen sind, hat mich gefreut.

Am Freitag morgen habe ich erst mal ausgeschlafen und mich dann zur Freitagsvorlesung begeben, welche mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, weil wir einen wissenschaftlichen Artikel schreiben müssen und ich nun überhaupt keine Ahnung habe, worüber ich denn schreiben soll... Doch lange blieb keine Zeit zum Grübeln, denn die internationale Dinner-Party stand an und während Silke und Sabine ihren Braten vorbereiteten und Daniel fleißig alleine seinen Kartoffelsalat zusammenschnipselte, traf ich mich mit Martin, Jens und Volker bei mir, um Bratwurst und Sauerkraut hinzubekommen. Etwas hinterher in der Zeit, packten wir noch schnell deutsche Süßigkeiten (ich hatte schließlich an diesem Tag genügend Fresserein und Sauferein von meiner Familie per Post erhalten, zusammen mit Wasserkocher, einer Schüssel, Küchentücher, Tellern...) und zwei Flaschen Braustolz ein und zogen zur Uni, wo schon alles vorbereitet war für die echt gelungene Essparty. Jedes Land hatte Köstlichkeiten vorbereitet und gemäß meiner Vorhersage, wurde Frankreich erster, Italien zweiter und Deutschland dritter.



Nachdem sich Italien und Frankreich einen Gesangswettbewerb in ihren Hymnen geliefert hatten, mischten wir Deutsche und mit "Eisgekühlter Bommerlunder" und Silkes Akordeonkünsten ein. Zumindest letzteres fand großen Anklang.
Nach dem Zurückschaffen der Töpfe sollte sich der Abend im angeblich coolsten Club der Stadt, dem "Onella" fortsetzen, doch es war nicht wirklich viel los und die Musik war nun so gar nicht unser, so dass es bereits um zwei wieder heim ins Bettchen ging.

Am gestrigen Samstag mussten wir auf Grund überaschender Weiße doch geschlossenen Mensen selber Nudeln kochen, was aber auch gut gelang. Eigentlich wollten wir danach in der Stadt noch Badmintonschläger etc. kaufen, jedoch sind wir irgendwie im Pavola (anderes Studentenwohnheim) hängen geblieben und die Geschäfte hatten bei Ankunft in der Stadt schon zu. Doch der Ausflug hat sich trotzdem gelohnt: für 8 Euro aßen Jens und ich uns in einem All-You-Can-Eat-Pizza-Restaurant richtig satt (ich muss aufpassen, dass ich nicht zu oft da vorbei komme) und genossen noch ein paar Drinks im Café Europa (mein Lieblingsgetränk ist momentan übrigens der "valkovenäläinen", hier zu Lande auch schlicht "White Russian" genannt) bevor wir beim zweiten "coolsten Club der Stadt" vorbeischauten, dem "Cabaret", wo uns die Schlange allerdings zu groß war, so dass wir wieder heimkehrten.

Heute ist auch nicht all zu viel passiert. Ich habe aufgeräumt, ein paar Poster und Fotos aufgehängt, an diesem Blog geschrieben, festgestellt, dass es sich im Wohnheim nicht ganz so gut macht, den ganzen Tag im Schlafanzug rumzulaufen wie ich es zu Hause gepfelgt habe (Julia kann mich von ihrer Raucherecke aus beobachten, Jeremy bringt ständig ein Mädel über Nacht mit nach Hause und Jens und Martin stehen gerne mal überaschend vor der Tür), wir sind wieder im Rax-Fressclub gewesen (diesmal noch mit Julia und Maddin, welche nicht ganz so begeistert waren) und haben uns mal den Tammerkoski-Strom bei Nacht angeschaut (richtig romantisch beleuchtet und so). Nachdem ich nach hause "geskypt" und die nächste Woche durchplant habe beende ich nun diesen Blogeintrag durch Hinzufügen von Fotos und danach geht es in die Heia.

Hyvää yötä,
Oli

P.S.: Wer schon immer mal wissen wollte, wie meine Mitbewohner aussehen: