Oli in Finnland (Suomessa)

3.9.06

Geburtstag und andere Spontanitäten

Terve,
es wird relativ lang dieses mal, schließlich heißt es eine ereignisreiche Woche aufzuholen. Ich fange am besten mal da an, wo ich mit dem letzten Beitrag aufgehört habe:

Wir gingen also zu dieser Back-To-School-Party, wobei sich die Hälfte unserer "deutschen Gang" nach dem Vorglühen schon wieder verabschiedete, weil sie die 3,50 € nicht riskieren wollten, was sogar teilweise berechtigt war, denn vom versprochenen Gratisgetränk war im total überfüllten Club Huuma dann auch keine Rede mehr. Nach dem ich den Großteil des Abends mit Gesprächen verbracht habe, fing die Musik aber irgendwann mal an, kurzzeitig wieder besser zu werden, so dass Jens und ich uns auch mal auf die Tanzfläche machten, welche übrigens ein schönes Forschungsfeld für Geisteswissenschaftler wäre, denn allein mir fallen da schon 7 Einteilungen der Tänzer ein (der Stimmungsmacher, der Angeber, der Anbackerer, der Latin Lover, simple Mittänzer, die Wir-tanzen-nur-unter-uns-Mädchen, der Anschlusssuchende ...) und wir gehörten an diesem Abend eher zur letzteren Kategorie, da der Anteil an Finnen doch besonders hoch war. Nichts desto trotz kam da schon zum zweiten mal etwas zu Stande, was ich auf deutschen Parties immer vergeblich zu initieren versucht habe: eine Polonaise. Danach haben wir noch die Teekkari-Hymne (Teekkari = finnischer Student einer technischen Universität, welcher bereits kein Fuksi, also Neuling, mehr ist, sondern zu Wappu am 1. Mai schon im Wasser getauft wurde) gesungen, also zumindest so getan, und andere komische finnische Tänze gemacht, so dass sich der Abend wenigstens teilweise gelohnt hat.

Am Dienstag und Mittwoch früh hatte ich eine komische Negativlaune (aber Grönemeyer passt gut zur finnischen Landschaft), zumindestens am Mittwoch früh könnte das daran gelegen haben, dass ich sehr zeitig raus zur zweiten Uni hier gefahren bin, mich als erster in die Liste für den Finnischkurs eingeschrieben habe (bei uns war nämlich schon alles voll) und man mir anschließend gesagt hat, dass die eigenen Studenten aber eh bevorzugt werden. Danach hatte ich eine eher langweilige Vorlesung (auch wenn ich interessant fand, dass man hier Noten auf die Beteiligung an Diskussionen in Internetforen bekommt) und alleine Mittagessen.
Nun fing der Tag aber an, besser zu werden: Ich bin in einen zusätzlichen Finnischkurs unserer Uni reingekommen, habe meinen hübschen neuen Studentenausweis erhalten, nahm an einer bezaubernden Bibliotheksführung teil (die Bibliothekarin ist quasi die gute Seele des Hauses gewesen und hat uns in die Geheimnisse der finnischen Sprache eingeweiht) und schließlich ging es dann auf zur City-Tour:

Endlich mal nur im Bus sitzen, die Gegend bestaunen und zuhören, was die Stimme einen über die Stadt erzählt. Viel Begeisterndes hat Tampere nicht zu bieten, außer vielleicht unterirdische Eis- und Schwimmhallen und ein sehr schönes Wohnviertel mit Holzhäusern (so wie man sich Skandinavien halt vorstellt).



Die Tour endete im örtlichen Freizeitpark, der wohl extra für uns noch ein mal geöffnet hatte und zwei super Achterbahnen betrieb.



Außerdem haben die Tutoren kostenlos Bier ausgeteilt und ich nahm die Gelegenheit wahr, diese komische schwarze Wurst namens "Mustamakkara" zu kosten, die hier wohl eine Spezialität sein soll: Naja, ich bin jetzt noch skeptisch.

Danach fing Daniel an, mich irgendwie zu überreden, doch nicht anschließend noch auf die zahlreichen Abendveranstaltungen (Pubtour, international Hangout...) zu gehen, was ich zu der Zeit auf Sparversuche seinerseits schob, denn man bezahlt ja nachts 'nen Aufschlag im Bus und Getränke sind auch nicht wirklich günstig. Ich ließ mich allerdings davon nicht abhalten und zog trotzdem mit ein paar Leuten los. Doch nirgends gefiel es ihnen richtig, so dass sich erst die Mädels abseilten und später dann auch Jens und Martin nach hause wollten und ich also mit bin. Aus irgend einem Grund jedoch weigerte sich Martin strikt, Jens noch ins Subway (internationale Fastfoodkette) zu begleiten, so dass wir uns also auf dem Heimweg machten. Jens und ich sind dann nachts noch mal in die Uni gegangen (mit unserer Studentenkarte haben wir 24 Stunden Zugang), damit er sich auch noch für den zusätzlichen Finnischkurs einschreiben konnte. Zu Hause kam mir dann ein leckerer Duft entgegen, mich erwartete nämlich mein erstes pakistanisches Essen (Linsen mit Fladenbrot), welches Usman und seine Freunde gekocht haben. Es war sehr lecker, wenn auch sehr würzig und ohne Besteck zu essen.
Doch woher wusste Usman, dass ich in zwei Stunden Geburtstag haben sollte? Und warum hieß es in Daniels Blog, dass er jetzt noch was geheimnisvolles zu tun hat? Wieso wollte er damals eigentlich die Nummer von Jeremy haben? Wieso hatten es alle an diesem Tag immer so eilig, wo mein Geburtstag doch erst am Tag drauf war? Fragen über Fragen bis mir dann die Antwort schlagartig wie Schuppen von den Haaren fiel: Die angekündigte "Überaschungsparty" war gar nicht für den Abend des 31. August, sondern zum Reinfeiern in selbigen geplant. Kaum hatte ich dies ausgedacht, standen die ersten auch schon vor meiner Tür, schickten mich in mein Zimmer und kamen wenig später mit einem Kasten Bier, paar Würstchen und was zu Knappern hinzu. Diese Überaschung ist echt gelungen und ich habe mich sehr gefreut und danke hier noch mal allen, die mitgeholfen haben, vor allem aber Sabine, Silke und Daniel.



Gegen Mitternacht bekam ich dann Glückwünsche von allen Seiten, Kuchen und einen Sticker meiner hiesigen Fakultät (ich brauche also nur noch den Overall dazu). Nachdem auch Martin, Jens und meine Mitbewohner dazu gekommen sind, ging das Feiern richtig los, denn Silke und Jeremy haben eine internationale Akordeon-Gitarren-Jam-Session hingelegt, so dass mein Geburtstag wohl niemanden im Mikontalo entgangen sein wird.

Den Donnerstag selbst habe ich eher ruhig verbracht, also ausgelschafen, mittag gegessen, mich beim Postamt angemeldet und mir von der Studentenunion Glas, Tasse, Teller und Bettlaken ausgeliehen. Damit ich auch etwas zu meinem Geburtstag beisteuern konnte, habe ich ein paar Freunde zum Billiardspielen und auf eine Runde Bier eingeladen.



Da in dem Pub zufällig Karaoteabend war, trällerten wir bei dieser Gelegenheit gleich noch "La Bamba" und "Take Me Home, Country Roads". Jeremy sang sich dann im Solo mit einem finnischen Lied in die Herzen der eher älteren Zuschauer, welche - sonst eher verhalten - begeistert Beifall klatschten und ihm persönlich zu seiner Performance gratulierten. Dadurch angespornt, schloss ich mich ihm für ein weiteres finnisches Lied an, welches wir ohne Kenntnis von Text und Melodie, aber mit Hilfe der Barkeeperin applausfrei vortrugen. Da der Abend noch jung war, zogen wir weiter zur Saunaparty einer anderen Fakultät. Nachdem ich eine ganze Weile skeptisch rumstand und mein Bier im Vorraum trank, nahm ich all meinen Mut zusammen (und wer mich kennt, weiß wieviel das zu diesem Moment sein musste, zu mal ich noch nicht all zu viel Alkohol in mir hatte) und entschloss mich, auch in die Sauna zu gehen (das erste mal in Finnland). So ging ich in die Umkleide, entledigte mich meiner Kleider und ging, nur mit Handtuch, in die Sauna rein. Auf Grund der fortgeschrittenen Uhr war diese jedoch schon abgeschaltet und leer, so dass die ganze Aufregung etwas umsonst war. Anyway, die Saunasaison war schon mal eröffnet und ich genoss auf der obersten Bank noch eine viertel Stunde die Restwärme bis ich dann endgültig rausgeschmissen wurde. Nach der kühlenden Dusche ging ich heim und beendete den doch sehr schönen Geburtstag (es war ja auch schon ein paar Stunden Freitag). Dankeschön auch noch mal an all die lieben Grüße, die mir aus Deutschland zugekommen sind, hat mich gefreut.

Am Freitag morgen habe ich erst mal ausgeschlafen und mich dann zur Freitagsvorlesung begeben, welche mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, weil wir einen wissenschaftlichen Artikel schreiben müssen und ich nun überhaupt keine Ahnung habe, worüber ich denn schreiben soll... Doch lange blieb keine Zeit zum Grübeln, denn die internationale Dinner-Party stand an und während Silke und Sabine ihren Braten vorbereiteten und Daniel fleißig alleine seinen Kartoffelsalat zusammenschnipselte, traf ich mich mit Martin, Jens und Volker bei mir, um Bratwurst und Sauerkraut hinzubekommen. Etwas hinterher in der Zeit, packten wir noch schnell deutsche Süßigkeiten (ich hatte schließlich an diesem Tag genügend Fresserein und Sauferein von meiner Familie per Post erhalten, zusammen mit Wasserkocher, einer Schüssel, Küchentücher, Tellern...) und zwei Flaschen Braustolz ein und zogen zur Uni, wo schon alles vorbereitet war für die echt gelungene Essparty. Jedes Land hatte Köstlichkeiten vorbereitet und gemäß meiner Vorhersage, wurde Frankreich erster, Italien zweiter und Deutschland dritter.



Nachdem sich Italien und Frankreich einen Gesangswettbewerb in ihren Hymnen geliefert hatten, mischten wir Deutsche und mit "Eisgekühlter Bommerlunder" und Silkes Akordeonkünsten ein. Zumindest letzteres fand großen Anklang.
Nach dem Zurückschaffen der Töpfe sollte sich der Abend im angeblich coolsten Club der Stadt, dem "Onella" fortsetzen, doch es war nicht wirklich viel los und die Musik war nun so gar nicht unser, so dass es bereits um zwei wieder heim ins Bettchen ging.

Am gestrigen Samstag mussten wir auf Grund überaschender Weiße doch geschlossenen Mensen selber Nudeln kochen, was aber auch gut gelang. Eigentlich wollten wir danach in der Stadt noch Badmintonschläger etc. kaufen, jedoch sind wir irgendwie im Pavola (anderes Studentenwohnheim) hängen geblieben und die Geschäfte hatten bei Ankunft in der Stadt schon zu. Doch der Ausflug hat sich trotzdem gelohnt: für 8 Euro aßen Jens und ich uns in einem All-You-Can-Eat-Pizza-Restaurant richtig satt (ich muss aufpassen, dass ich nicht zu oft da vorbei komme) und genossen noch ein paar Drinks im Café Europa (mein Lieblingsgetränk ist momentan übrigens der "valkovenäläinen", hier zu Lande auch schlicht "White Russian" genannt) bevor wir beim zweiten "coolsten Club der Stadt" vorbeischauten, dem "Cabaret", wo uns die Schlange allerdings zu groß war, so dass wir wieder heimkehrten.

Heute ist auch nicht all zu viel passiert. Ich habe aufgeräumt, ein paar Poster und Fotos aufgehängt, an diesem Blog geschrieben, festgestellt, dass es sich im Wohnheim nicht ganz so gut macht, den ganzen Tag im Schlafanzug rumzulaufen wie ich es zu Hause gepfelgt habe (Julia kann mich von ihrer Raucherecke aus beobachten, Jeremy bringt ständig ein Mädel über Nacht mit nach Hause und Jens und Martin stehen gerne mal überaschend vor der Tür), wir sind wieder im Rax-Fressclub gewesen (diesmal noch mit Julia und Maddin, welche nicht ganz so begeistert waren) und haben uns mal den Tammerkoski-Strom bei Nacht angeschaut (richtig romantisch beleuchtet und so). Nachdem ich nach hause "geskypt" und die nächste Woche durchplant habe beende ich nun diesen Blogeintrag durch Hinzufügen von Fotos und danach geht es in die Heia.

Hyvää yötä,
Oli

P.S.: Wer schon immer mal wissen wollte, wie meine Mitbewohner aussehen:


4 Comments:

  • Netter Log! So viel arbeit muss man sich mal machen (mach mir ich leider nicht). jedenfalls alles gute nachträglich zum geburtstag.

    PS.: bitte bei meiner verlinkung das "de" in "at" ausbessern oder irgendwo das österreich vermerken ;-)

    By Anonymous Anonym, at 9.9.06  

  • @Christian:

    Danke für die Blumen. Ich bin aber auch oft sehr schreibfaul und handle dann alles nur wochenweise ab.

    Wenn sich mal Zeit findet, lese ich Deinen Blog natürlich auch mal durch, habe ihn bisher nur überflogen.

    Wie bist Du denn auf den meinigen gestoßen?

    Das "de" steht für "auf deutsch", aber ich lasse mir mal was einfallen. Nicht dass dann Jeremy noch ankommt und "us" statt "en" haben will :-)

    By Blogger Oliver, at 9.9.06  

  • So, jetzt habe ich auch hierhin gefunden. Fleißig fleißig, Monsieur!
    Und Glückwünsche nachträglich zum Geburtstag.
    Die-Frau-die-dich-immer-trifft. Verlinkt dich demnächst mal.

    By Blogger hellgruen, at 13.9.06  

  • man,man,olli, du kennst dich ja tatsächlich mit der ganzen computersache aus- die webseite sieht echt gut aus!!studium scheint also doch was zu bringen, nee mal im ernst, freu mich, dass du dich so gut eingelebt hast.war jetzt vor kurzem an der ostsee, habe "hallo" und "liebe grüße" rübergebrüllt, aber du hast nicht geantwortet.wahrscheinlich weil ich dir nicht zu geburtstag gratuliert habe, tut mir echt leid, aber wer seine handyrechnung nicht bezahlt, darf anscheinend nicht in finnland anrufen?!?!saublöd..jedenfalls alles liebe dennoch und ich wünsch dir weiterhin viel spaß dort und schreib mir endlich mal, damit ich deine private e-mail habe und nicht die ganze welt meinen mist mitlesen muß..kussel und gaaaannnzzz viele drücker...miriam

    By Anonymous Anonym, at 17.9.06  

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